Prada Lebensmittelboxen im COOP des Atelier- und Galeriehaus Defet
Ausstellung von Verena Waffek im Atelier- und Galeriehaus Defet

Mein aktuelles Projekt entstand in einer Zeit, in der sich unsere Empfindungen an eine neue, unbekannte Situation und die damit verbundenen Lebensumstände anpassen mussten. Fantasie wurde mir in dieser Zeit zur Strategie, um ein Gespür für die Schönheit zu den einfachen Dingen zu entwickeln, zu den Dingen, die da sind, die jeden Tag gebraucht werden. 

Was ist im Leben von Bedeutung? Was heißt systemrelevant? Wie kann sich die Kunst zeigen, wie kann sich die Kunst Gehör verschaffen, wenn kein Ort der Welt sie zeigen kann? Ich war seit einem Jahr nicht mehr in der Stadt, um einfach zu bummeln, mich umzusehen, um etwas Schönes zu entdecken.Irgendetwas, das ich nicht brauche, das dann einfach da ist, um Freude daran zu haben. Wenn ich es genau nehme, war das aber kaum mehr wichtig.

Sogar der Lebensmitteleinkauf wurde auf das nötigste beschränkt. In den Geschäften, Rewe, Karstadt, ebl usw. war es möglich, sich Boxen mit dem persönlichen Bedarf richten zu lassen. Sie wurden nach Hause geliefert oder konnten direkt im Laden abgeholt werden. Nach Möglichkeit ohne engen Kontakt zu den Menschen. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich das auch so handhaben möchte. 

Während der Vorbereitungen unserer Ausstellung zum 15-jährigen Bestehen des Atelier- und Galeriehaus Defet mit dem sinnigen Titel COOP (Kooperation, COOP Supermarkt…) ist die Idee entstanden, einen Lebensmittelshop in meinem Atelier zu eröffnen. Lebensmittelgeschäfte sind systemrelevant. Sie waren zu ihren Geschäftszeiten immer geöffnet. 

Natürlich sollte dieser Shop meinem künstlerischen Anspruch gerecht werden, sollte mit einer gewissen Leichtigkeit alles vereinen, was mich in der Zeit der Pandemie beschäftigt hat – alles, was meinen Blick in der Zeit streifte. Gesicht, Augen, Nase, Mund.

Fotos: Jürgen Schabel

Die Gesichter, die meine Koffer, meine Lebensmittelboxen schmücken, waren meine Begleiter durch den Atelieralltag. Meist aus Stoff, weich und gefügig das Material. Es lag gut in der Hand und ich konnte die Objekte nach Hause transportieren und auch wieder zurück ins Atelier. Alles war beweglich. Die Idee, die Handwerklichkeit, der Anspruch. Ich nahm mich nicht immer ernst. Gesichter aus Stoff machte ich zum ersten Mal. Sie können schön oder hässlich sein, liebenswert oder abschreckend. Ich habe begonnen, sie zu mögen. Sie zeigen wenig Persönlichkeit, manchmal aber Erstaunen, Ernsthaftigkeit, Traurigkeit. Die Gesichter der Lebensmittelboxen strecken die Zunge heraus. Wollen Sie etwas Gutes schmecken, den Inhalt der Boxen mit ihren tollen Rezepten? Oder sagen Sie: ich strecke dir die Zunge heraus, weil du so bequem bist und liefern lässt? Weil du ängstlich bist? Sagen Sie, du brauchst derzeit keine schönen Kleider von Prada oder anderen Marken? Wichtig ist anderes.

Verena Waffek 2021