Die wiedergefundenen Gärten, Ausstellung Verena Waffek

Wenn mir nur noch bliebe, die Natur zu archivieren
Verena Waffek/ Planungsatelier/ Neue Pflanzkonzepte für Kakteen im Garten 2024

Ich lege einen Garten für Kakteen an.

Kakteen überleben an extrem trockenen und heißen Standorten. Sie lagern in Blättern, Stämmen und Wurzeln große Mengen Wasser ein. So überleben sie auch längere Trockenzeiten. Ihre Formen sind kugelförmig, vertikal oder verzweigt. Viele tragen attraktive Dornen, andere Haare oder farbig dicke Haut. Diese Arten sind winterhart.

Opuntia phaeacanta / Dark Night
Opuntia x polyacanta / Snowball
Opuntia basilaris var
Echinocereus stramineus
Echinocereus coccineus
Escobaria x sneedii
Escobaria vivipapa
Oroya peruviana

Der Standort der Kakteen sollte sonnig sein, der Boden durchlässig mit gutem Wasserabzug. Ich arbeite mineralische Bestandteile ein. Geeignet sind Lava, Bims, Sand, Kies oder gebrochener Blähton. Die natürliche Topografie von Wüstengebieten auf der ganzen Welt umfasst große Sand- und Kiesflächen, die mit Felsvorsprüngen und gelegentlicher Vegetation gegliedert sind.

Im Garten rund um das Haus übertrage ich das sonst in der freien Natur angelegte Szenario. Ich binde in Felsen, Kieselsteine und Kies Kakteen und andere Sukkulenten ein. Weniger ist mehr. Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl ist angebracht. Schön ist die Verwendung eines regionalen Materials. Besonders reizvoll für mich in meiner Arbeit ist es, die Symbiose von Pflanzen, Steinen, Bodengrund, Architektur und dem Zusammenleben aller beteiligten Protagonisten zu ergründen und umzusetzen.

Kakteen und Sukkulenten sind robuster als man glaubt.Viele Arten kommen aus Regionen, in denen die Temperaturen oft und extrem wechseln. Sie kommen aus Gebirgsregionen Nord- und Südamerikas, den europäischen Alpen sowie dem Himalaya. Dort sind sie intensiver Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Unser Klima ändert sich. Trockene Sommer, milde Winter, Stürme, Starkregen. Auch in den Gärten sind die Auswirkungen sichtbar. Wie sehen unsere Gärten künftig aus? Was können wir pflanzen, damit wir nicht die Freude an unserem persönlichen Wohlfühlort unter freiem Himmel verlieren? Jeder Garten ist Schnittstelle zwischen Privatem und Öffentlichem. Wir treten aus unserer Privatsphäre heraus und nehmen Kontakt zur Umwelt, unserem Umfeld auf. Ein Garten ist vergänglich. Er braucht Raum, Zuwendung und Zeit.

Ich plane ausdrucksstarke Gärten voller Struktur, Textur und Farbe, die sich den Auswirkungen des Klimawandels stellen.

Ich lege einen Garten für Moose und Flechten an.

Moose und Flechten fanden bisher in einer Gartenanlage keine Verwendung. Von Hobbygärtnern werden sie meist nicht geschätzt. Bei meinen Überlegungen, einen Garten anzulegen, der den neuen klimatischen Gegebenheiten entspricht, erinnerte ich mich an eine Urlaubsreise über den Splügenpass nach Italien. Für mich war die Schönheit der Vegetation damals nicht zu überbieten. Sie war so besonders und dem Klima dort, hoch oben, angepasst. Heute, nach 20 Jahren, könnten wir Moose und Flechten in unsere Gärten holen. Die klimatischen Veränderungen von extremer Hitze und immer wiederkehrende Starkregen brauchen neue Pflanzkonzepte.

Moose und Flechten besiedeln unterschiedliche Lebensräume. Sie sind vom Mittelland bis hoch in die Alpen anzutreffen und wachsen auf Steinen, auf dem Boden und auf Baumrinden. Sie mögen feuchte Umgebungen, können aber auch in sehr trockenen Lebensräumen überleben. Gibt es kein Wasser, stellen sie ihren gesamten Organismus auf Sparflamme. Sie trocknen aus und warten auf den nächsten Regen. Kaum wird es feucht, blühen sie wieder auf. Auch Hitze und große Kälte können ihnen nichts anhaben, weshalb sie auch die Arktis begrünen.

Moose verfügen über eine weiche Textur. Da sie keine Wurzeln haben und deshalb auf keine Erde angewiesen sind, erobern sie felsige Flächen. Moose können erstaunliche Wassermengen speichern, die sie nach und nach wieder abgeben. Bei Starkregen brechen sie durch ihre enorme Speicher-fähigkeit Hochwasserspitzen. Durch die kontinuierliche Abgabe des gespeicherten Wassers tragen sie zu einem gesunden Klima bei. Als Polster und Nistmaterial sind Moose bei vielen Vogelarten und auch bei Säugetieren sehr beliebt. Igelmütter graben für das Säuglingsnest eine flache Mulde und polstern sie mit einer wärmeisolierenden Schicht Moos aus. Die unscheinbaren grünen Polster sind wahre Alleskönner. Neben ihrer Funktion als Pionierpflanzen speichern Moose CO2 und sind ebenfalls Wasserregulatoren. Sie bieten vielen Kleinstlebewesen Lebensraum. So tummeln sich auf Moospflanzen Tausende von Bärtierchen, Springschwänzen, Spinnen, Käfern und anderen Kleintieren, die ihrerseits einen wichtigen Beitrag zu einem gesunden ökologischen Gleichgewicht leisten.

Moose werden in drei Kategorien unterteilt. Laubmoose erkennt man an ihren kleinen Blättchen. Lebermoose verdanken ihren Namen ihrer leberartigen Form. Hornmoose haben Stengel, sind länglich und erinnern an ein Horn.

Neben den Moosen profitieren auch Flechten von feuchtem Wetter. Flechten können jedoch kein Wasser speichern und überdauern Dürrephasen in einer Art Trockenstarre. Im Gegensatz zu Moosen sind Flechten keine Pflanzen. Sie sind eine Mischung aus Pilz und Pflanze oder Pilz und Bakterium. In dieser Symbiose sind sie fähig, extremste klimatische Bedingungen zu überleben. Flechten können Hunderte, manche Arten auch Tausend Jahre alt werden. Flechten sind gute Bioindikatoren. Sie nehmen Schadstoffe auf, geben sie aber nicht mehr ab. Deshalb gehen sie in schadstoffreichen Umgebungen unweigerlich früher oder später ein. Am vorhandenen Flechtenwachstum lässt sich also wie auch bei den Moosen ablesen, wie gesund oder wie vergiftet ein Standort ist. Weltweit gibt es bis zu 25 000 Flechtenarten. Anhand ihres Aussehens werden sie in drei verschiedene Kategorien unterteilt.

Blattflechten liegen locker auf dem Untergrund und bilden Blätter.
Strauchflechten ähneln kleinen Sträuchern. Korallen- und Krustenflechten sind flächig und dicht mit dem Untergrund verwachsen. Alle Arten können in den verschiedensten Farben erstrahlen, von Blau über Grün, Braun, Rot und Gelb.

Ich plane ausdrucksstarke Gärten mit Moosen und Flechten. Steine, kleine Felsformationen und Totholz bilden das Substrat und das Fundament. Sie strukturieren die Flächen rund um das Haus. Die Farben Grün, Braun und Gelb überwiegen.